Mittwoch, 23. April 2014


Generationendialog auf der Bühne 

 Im Berner Theater Matte:
"Reden mit Mama".
Verkrampft und auch wieder entspannt



Jordi Galceran, geb. 1964 in Barcelona, ist Autor dieser Tragikomödie (mit Schwergewicht auf „Komödie“). Beileibe nicht als erster erforscht er die Spannungen zwischen Eltern und (erwachsenen) Kindern; das ist seit dem Klassischen Altertum ein Thema, das die Gemüter bewegt. Diesmal geht es um die Konfrontation mit der noch stärker psychologisch belasteten Beziehung zwischen Mutter und Sohn. Livia Anne Richard erarbeitet eine Berndeutschfassung, die dem streitenden und wiederum auch versöhnlichen Paar in allen Fanfaren- und Zwischentönen Profil verleiht. Regisseur Oliver Stein entfaltet auf der Bühne den ganzen Strauss von Konflikten, Lösungsversuchen, Aufbegehren und Ausweichen, Abwehren und Zuwenden mit viel prickelnden Momenten des Schmunzelns und verblüffenden Ausbrüchen von Witz, der Lachen auslöst.

Tiefsinnigkeit, die amüsiert 


Marianne Tschirren, die resolut standfeste Mutter im Altersblühen einer beglückenden neuen Liebe, und Remo La Marra, der widerspenstige rund 35-jährige Sohn in mancherlei materiellen und ehelichen Nöten – beide entfachen ein spielerisches Feuerwerk; sozusagen wie ein wenig Strohfeuer gemischt mit viel gut getrockneter Hartholz-Glut. Der ganzen Klaviatur von Tönen, Obertönen, Verschleierungen von mehr oder minder schmerzlichen seelischen Berührungen und Verletzungen folgen die Zuschauer so, wie es vor allem das Kammerspiel am liebsten hat: Als drittes Team dieses agilen und wendigen Stellungs- und Dialogspiels im Theaterraum folgen sie gelöst, interessiert und bereit. Auf jede vorhergesehene oder ungeahnte Wendung der Handlung, des Gesprächs, des Streits und der behutsam angestrebten gegenseitigen Wertschätzung und Toleranz reagiert das Auditorium. Das bereitet ihm selbst und den beiden Gegnern in diesem fast dialektischen Spiel auf der Bühne sichtlich Freude.

Doch Autor, Regisseur und Protagonisten zelebrieren beileibe keine einseitige Spassmacher-Unterhaltung. Da sind auch Töne von ernsthafter Art im Komödienhaften enthalten. Ein Mitleiden schwingt da manchmal im Raum, eine behutsame Scheu, nicht zu verletzen, ein Bemühen, sich zurück zu nehmen, Achtung und Liebe nicht mit Räsonieren zu übertönen. Der Aufbau des Stücks mit seinen zwei deutlich verschieden geprägten Teile verdeutlicht fast ein wenig zu betont das labile Gleichgewicht dieser Mutter-Sohn (und umgekehrt)-Beziehung. 
Jede gute Komödie enthält einen Schatten von Tragik sozusagen als Würze. Hier wird wie in einem Lehrbeispiel gezeigt, wie viel Versöhnung sein muss, damit Leben nicht fade abstirbt.

Noch bis 11. Mai im Theater Matte Bern
Bilder: © Hannes Zaugg-Graf  
(Marianne Tschirren, Remo La Marra)

Fritz Vollenweider





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