Generationendialog auf der Bühne
Im Berner Theater Matte:
"Reden mit Mama".
Verkrampft und auch wieder entspannt
Jordi Galceran, geb. 1964 in Barcelona, ist
Autor dieser Tragikomödie (mit Schwergewicht auf „Komödie“). Beileibe nicht als
erster erforscht er die Spannungen zwischen Eltern und (erwachsenen) Kindern; das
ist seit dem Klassischen Altertum ein Thema, das die Gemüter bewegt. Diesmal geht
es um die Konfrontation mit der noch stärker psychologisch belasteten Beziehung
zwischen Mutter und Sohn. Livia Anne Richard erarbeitet eine
Berndeutschfassung, die dem streitenden und wiederum auch versöhnlichen Paar in
allen Fanfaren- und Zwischentönen Profil verleiht. Regisseur Oliver Stein
entfaltet auf der Bühne den ganzen Strauss von Konflikten, Lösungsversuchen,
Aufbegehren und Ausweichen, Abwehren und Zuwenden mit viel prickelnden Momenten
des Schmunzelns und verblüffenden Ausbrüchen von Witz, der Lachen auslöst.
Tiefsinnigkeit, die amüsiert
Marianne
Tschirren, die resolut standfeste Mutter im Altersblühen einer beglückenden
neuen Liebe, und Remo La Marra, der widerspenstige rund 35-jährige Sohn in
mancherlei materiellen und ehelichen Nöten – beide entfachen ein spielerisches
Feuerwerk; sozusagen wie ein wenig Strohfeuer gemischt mit viel gut
getrockneter Hartholz-Glut. Der ganzen Klaviatur von Tönen, Obertönen,
Verschleierungen von mehr oder minder schmerzlichen seelischen Berührungen und
Verletzungen folgen die Zuschauer so, wie es vor allem das Kammerspiel am
liebsten hat: Als drittes Team dieses agilen und wendigen Stellungs- und
Dialogspiels im Theaterraum folgen sie gelöst, interessiert und bereit. Auf
jede vorhergesehene oder ungeahnte Wendung der Handlung, des Gesprächs, des
Streits und der behutsam angestrebten gegenseitigen Wertschätzung und Toleranz
reagiert das Auditorium. Das bereitet ihm selbst und den beiden Gegnern in
diesem fast dialektischen Spiel auf der Bühne sichtlich Freude.
Jede gute Komödie enthält einen Schatten
von Tragik sozusagen als Würze. Hier wird wie in einem Lehrbeispiel gezeigt,
wie viel Versöhnung sein muss, damit Leben nicht fade abstirbt.
Noch bis 11. Mai im Theater Matte Bern
Bilder: © Hannes Zaugg-Graf (Marianne Tschirren, Remo La Marra)
Bilder: © Hannes Zaugg-Graf (Marianne Tschirren, Remo La Marra)
Fritz Vollenweider